Lehrkräftemangel bleibt Thema Nummer eins in den Schulen

Liebe Eltern, liebe Interessierte,
der Lehrkräftemangel, den wir heute an immer mehr Schulen bitter wahrnehmen müssen, ist nicht über Nacht gekommen. Er war über lange Zeit vorhersehbar. Viele, darunter der Landeselternrat, haben schon vor mehr als 15 Jahren mit Vehemenz dafür argumentiert, die Lehramtsausbildung zu intensivieren.

Auch wenn es deutschlandweit einen Lehrkräftemangel gibt, gibt es in Sachsen-Anhalt die Besonderheit, dass über 20 Jahre nach der Wende nahezu keine Lehrer eingestellt wurden, sondern in dieser Zeit bei den Bestandslehrern die Wochenstunden nach und nach auf normales Niveau angehoben wurden.

Daraus ergibt sich aber auch, dass mit Stand 2022 ca. 44,5% der Lehrkräfte das 55. Lebensjahr abgeschlossen hatten und in den nächsten Jahren altersbedingt aus dem Schulleben ausscheiden. Dabei kommt eine weitere Besonderheit ins Spiel: da in Sachsen-Anhalt gerade die älteren Lehrkräfte zumeist nicht verbeamtet sind, können diese auch selbst entscheiden, wann sie aus dem Schuldienst ausscheiden. (Hier sind ca. 46% der Lehrkräfte verbeamtet, deutschlandweit sind es 75%.)
Auf der anderen Seite schafft es die Lehramtsausbildung an den Universitäten aus vielen Gründen in absehbarer Zeit nicht, den Lehrkräftebedarf auch nur ansatzweise zu decken. Dies geht auch aus der am 01.11.2023 veröffentlichten „Fortschreibung des Berichts der Expertengruppe zur Bestimmung des längerfristigen Lehrkräftebedarfs“ hervor.

Dies alles sind schlechte Voraussetzungen, die Unterrichtsversorgung bei immer noch wachsenden Schülerzahlen verbessern zu können.

Was hat der Landeselternrat getan, um dem Lehrkräftemangel zu begegnen?
Verkürzt lässt sich die Antwort wie folgt zusammenfassen:

  • frühzeitige Warnungen u.a. im Landesschulbeirat und in Gesprächen mit den Kultus- und BildungsministerInnen
  • Vorbereitung und Durchführung einer Volksinitiative gegen Lehrkräftemangel (mit Partnern) 2017: mit 96.000 statt der geforderten 30.000 Unterschriften
  • Rede des LER-Vorsitzenden im Landtag zum Anliegen dieser Volksinitiative am 26.10.2017
    Aufbauend Gespräche mit dem Ministerpräsidenten und Fachministern
  • Einsatz für die Möglichkeit des Seiteneinstiegs ins Lehramt, die Zahl der Lehramtsstudierenden lässt keinen anderen Schluss zu
  • Vorbereitung und Durchführung eines Volksbegehrens gegen Lehrkräftemangel (mit Partnern) 2020, was leider in der Pandemie nicht zum Erfolg geführt werden konnte
  • Einsatz für verstärkte Anwerbung und bessere Einarbeitung/Betreuung der Seiteneinsteiger
  • Weckruf „Rettet die Bildung! Schafft Perspektiven!“ (wiederum mit dem Bündnis von Volksinitiative und -begehren) im Dezember 2022
  • Eröffnung eines „Bildungsforums für Sachsen-Anhalt“ (mit Partnern) am 04.10.2023
  • Weitere Gespräche mit dem MB zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung und zur Situation der Seiteneinsteiger

In der Eröffnungsrede zum Bildungsforum erklärte der LER-Vorsitzende den Lehrkräftemangel zur Schicksalsfrage für unser Land und wies auch an dieser Stelle darauf hin, dass es inzwischen nicht mehr nur um die Unterrichtsversorgung und die Vermittlung von Wissen und Kompetenzen gehe, sondern auch der Erziehungsauftrag der Schulen zunehmend nicht mehr erfüllt werden kann.

Das Bildungsforum soll aus einer breit aufgestellten Expertenrunde Ansätze finden und bewerten, die Bildungskrise in unserem Land zu überwinden. Als erster Impuls aus diesem Forum entstand bereits im Oktober eine Pressemitteilung zum Erhalt der Schulsozialarbeit.

Wir bleiben am Thema Unterrichtsversorgung dran und sehen dabei auch das weitere Spektrum der Themen in der Schullandschaft. Darunter die Überwindung der Pandemiefolgen oder die Folgen der SEPl-Verordnung und die überfällige Neufassung unseres Elternratgebers.

Wenn Sie bis hierher gekommen sind, steht für Sie vielleicht auch die Frage, was Sie konkret tun können, um den Lehrkräftemangel zu reduzieren. Naheliegend ist, dass Sie sich in Ihrem Umkreis nach geeigneten Kandidaten für den Seiteneinstieg umsehen und ihnen diesen Weg vorschlagen. Mindestens ebenso wichtig ist -auch in der Elternschaft- eine Willkommenskultur für die Seiteneinsteiger, noch brechen viel zu viele diesen Weg ab. Erinnern wir uns: Seiteneinsteiger sind in vielen Berufen längst normal geworden, bei den freien Schulträgern gibt es sie mit Erfolg seit Jahrzehnten, da muss es doch möglich sein, diese auch im öffentlichen Schulwesen entsprechend auszuwählen und zu qualifizieren!